Gedanken zum 3. Sonntag vor der Passionszeit/Septuagesimae 13. Februar 2022
„Wir liegen vor dir mit unserem Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.“
Dieser Wochenspruch aus dem Prophetenbuch Daniel stößt uns auf die Frage nach der Gerechtigkeit und wie Gerechtigkeit und Barmherzigkeit zusammenpassen. Gelten bei Gott andere Maßstäbe als bei uns?
Friede sei mit euch von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Amen
Wir beten mit Worten aus Psalm 31b
Wie groß ist deine Güte, Gott, die du bewahrt hast denen, die dich fürchten, und erweisest vor den Menschen denen, die auf dich trauen!
Du birgst sie im Schutz deines Angesichts vor den Rotten der Leute, du verbirgst sie in der Hütte vor den zänkischen Zungen.
Gelobt sei Gott; denn er hat seine wunderbare Güte mir erwiesen in einer festen Stadt.
Ich sprach wohl in meinem Zagen: Ich bin von deinen Augen verstoßen.
Doch du hörtest die Stimme meines Flehens, als ich zu dir schrie.
Liebet den Herrn, alle seine Heiligen!
Die Gläubigen behütet Gott und vergilt reichlich dem, der Hochmut übt.
Seid getrost und unverzagt alle, die ihr auf Gott wartet.
Amen
Was ist gerecht?
Ist es gerecht, dass wir täglich haben, was wir zum Leben brauchen und andere sich um Nahrung sorgen müssen?
Ist es gerecht, dass wir in Frieden leben können und andere vor Krieg fliehen müssen?
Ist es gerecht, wenn Menschen mit Intelligenz ausgestattet sind und sich ihr Leben erschließen können und andere darauf angewiesen sind, dass man sie an die Hand nimmt?
Ist ein Lehrer gerecht, wenn er alle seine Schüler gleich behandelt oder wenn er den Schwächeren mehr Unterstützung und Aufmerksamkeit entgegenbringt?
Was ist gerecht?
Ist der Hausherr aus dem Gleichnis dieses Sonntags (Matthäus-Evangelium 20, 1-16) gerecht, wenn er denen, die den ganzen Tag für ihn gearbeitet haben, am Ende des Tages genau so viel Lohn auszahlt wie denen, die nur eine Stunde für ihn gearbeitet haben?
Ist es gerecht, wenn ich bekomme, was mir zusteht, was ich mir erarbeitet habe oder wenn ich bekomme, was ich zum Leben brauche?
Ist Jesus gerecht, wenn er sich um die kümmert, die sich etwas haben zu Schulden kommen lassen und nicht um die, die schon mit ihm auf dem Weg sind?
An der Frage nach Gerechtigkeit entzünden sich schnell Eifersucht und Verärgerung, sich nicht gesehen oder sogar missachtet fühlen.
In den Erzählungen der Bibel stellt uns Gott seine Gerechtigkeit entgegen, seine Gerechtigkeit, die keine Gleichmacherei ist, sondern Güte; seine Gerechtigkeit, die danach fragt, was ein jeder Mensch braucht; seine Gerechtigkeit, die die Schwächeren in den Blick nimmt und auf das Verständnis der Stärkeren setzt.
Kommen wir damit zurecht oder wird er auch zu uns sagen, wie zu den Arbeitern, die kein Verständnis haben für das Handeln des Weinbergbesitzers: “… siehst du darum scheel, weil ich so gütig bin?“
In unserer Art zu denken, in unserem Gerechtigkeitsempfinden scheinen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit nicht zusammenzupassen.
Können wir aushalten, dass bei Gott andere Maßstäbe gelten von Gerechtigkeit als in der Welt?
Wahrscheinlich wird das immer eine Frage bleiben, über die wir stolpern und die uns auch ärgert. Vielleicht können wir sie mit aufnehmen in unsere Art zu denken und zu leben und uns erinnern an Gottes Weise gerecht zu sein, wenn wir den Eindruck haben, dass wir ungerecht behandelt werden. Amen
Beten wir
Wir beten für Menschen, die die Ungerechtigkeiten dieser Welt immer wieder am eigenen Leib erfahren.
Wir beten für Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlen, weil sie nicht bekommen, was ihnen aus ihrer Sicht zusteht.
Wir beten für Menschen, die versuchen barmherzig und gerecht zu sein…
Und nun segne dich Gott
Gott segne dich mit einem großen Vertrauen, dass er dich wahrnimmt in deiner Bedürftigkeit, auch dann, wenn es sich für dich nicht so anfühlt.
Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen