Gedanken zum 6.Sonntag in der Passionszeit/Palmsonntag 10.April 2022
Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche. Es ist noch eine Woche bis Ostern.
Der Wochenspruch lautet: „Der Menschensohn muss erhöht werden, auf dass alle, die an ihn glauben, das ewige Leben haben.“ (Johannesevangelium 3)
Friede sei mit euch von Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist. Amen
Wir beten mit Worten aus Psalm 69
Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle.
Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist;
ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen.
Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser.
Meine Augen sind trübe geworden,
weil ich so lange harren muss auf meinen Gott.
Denn um deinetwillen trage ich Schmach,
mein Angesicht ist voller Schande.
Ich bin fremd geworden meinen Brüdern
und unbekannt den Kindern meiner Mutter;
denn der Eifer um dein Haus hat mich gefressen,
und die Schmähungen derer, die dich schmähen,
sind auf mich gefallen.
Ich aber bete, Gott, zu dir zur Zeit der Gnade;
Gott, nach deiner großen Güte erhöre mich mit deiner treuen Hilfe. Errette mich aus dem Schlamm,
dass ich nicht versinke, dass ich errettet werde vor denen,
die mich hassen, und aus den tiefen Wassern;
Ich warte, ob jemand Mitleid habe, aber da ist niemand,
und auf Tröster, aber ich finde keine.
Sie geben mir Galle zu essen
und Essig zu trinken für meinen Durst.
Ich aber bin elend und voller Schmerzen.
Gott, deine Hilfe schütze mich! Amen
Versucht euch mal in diese Szene hineinzuversetzen:
In Jerusalem herrscht eine ausgelassene Stimmung. Die Stadt quillt über vor Leuten. Die römischen Soldaten sind nervös. In diese Feierlaune hinein kommt Jesus mit seiner Anhängerschaft. Jesus reitet auf einem Esel an den Menschenmassen vorbei. Die Menschen erkennen Jesus und reißen Zweige von den Bäumen und legen ihre Mäntel auf den Weg und jubeln ihm ausgelassen zu. Sie rufen laut: Hosianna, Hosianna (Rette/Hilf uns)! (Evangelium bei Johannes im 12 Kapitel Verse 12-16 + 19)
Wo jubeln wir?
Als großer Fußballfan mag ich es, meiner Mannschaft zuzujubeln. Ich singe laut mit in der Fangemeinschaft bei den Liedern die meine Mannschaft loben und anfeuern sollen. Auch im Torjubel und bei guten Leistungen der Spieler und erfolgreichen Spielzügen, halte ich meine Begeisterung in Anfeuerungs- und Hurrarufen nicht zurück.
Aber wo gejubelt wird, da werden auch kritische Stimmen laut.
Die kritischen Stimmen während des Spieles höre ich natürlich auch. Die Zweifler und Nörgler melden sich zu Wort. Allzu schnell, besonders wenn es nicht so läuft wie man es sich wünscht, wird nach Spielerauswechselungen und nach neuen Trainern gerufen. In Freude und Jubel mischen sich schnell Kritik und Zweifel.
So ähnlich war es auch beim Einzug Jesu in Jerusalem. Da waren nicht nur die Menschen, die ihn begeistert um Hilfe anriefen. Da waren auch die anderen, die nicht mehr warten wollten und denen alles zu langsam ging und die enttäuscht waren über Jesus, weil nicht alles so kam, wie sie es sich vorgestellt hatten. Da waren auch die Unzufriedenen und die Verärgerten und die Enttäuschten, die, die sich nicht damit abfinden konnten, dass Jesus seinen Weg so ging, wie er es für richtig hielt. Wie schnell die Stimmen laut wurden, die „Kreuzigt ihn“ schrien, wissen wir So nahe liegen Jubel und Häme beieinander.
Wann kippt eine Situation?
- Wenn ich innerlich verhärte und nicht mehr bereit bin, den anderen verstehen zu wollen.
- Wenn ich enttäuscht bin, weil nicht das passiert, was ich mir erhofft oder ersehnt habe.
- Wenn Veränderungen mich überfordern und ich mit meinen Gedanken keinen Anschluss mehr finde, weil mir niemand mehr zuhört.
So waren sie hin und her gerissen, die Menschen damals, zwischen ihrer Hoffnung auf Veränderung und ihrer Enttäuschung, dass alles so zu bleiben schien, wie es ist.
So sind sie hin und her gerissen die Fußballfans zwischen der Verehrung ihrer Mannschaft und ihrem Ärger über schlechte Leistungen.
So sind wir hin und her gerissen zwischen unserem Leben und dem, was wir von Jesus hören, wenn er davon spricht, dass das Leben offen ist, nicht festgelegt, sondern ständig in Bewegung und Veränderung. Amen
Beten wir
Guter Gott, wir bitten dich für die immer wiederkehrende Freude aus ganzem Herzen. Mögen wir das Jubeln nicht verlernen, auch wenn es nicht so läuft wie wir es gehofft haben. Wir bitten dich um Offenheit für unser Leben, dass wir in Bewegung und Veränderung bleiben. Amen
Und nun geht in diesen Tag und in diese Woche unter Gottes Segen
Gott beschütze euch und gebe euch Frieden für immer und ewig.
Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen
Prädikantin in Ausbildung: Dagmar Theodoridis